Symbiose von Sensorik und KI

Artikel vom 25. Januar 2023
Elektronische Fahrgastinformationssysteme

Durch den Einsatz von unterschiedlichen Sensoren und mithilfe künstlicher Intelligenz können speziell im Mobilitätsumfeld verschiedene Anwendungsfälle umgesetzt werden, die dabei unterstützen, Prozesse zu optimieren und Kosten senken zu können. Ein solches System ist das Funkwerk Sensormodul. Neben den üblichen Sensoren für Temperatur, Feuchtigkeit, Beschleunigung etc. öffnen hier optische und akustische Sensoren die Türen für völlig neue Anwendungen im Bereich der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur.

Die Sensoren können in vorhandene Anzeigesysteme am Bahnsteig eingebaut werden, um z. B. verschiedene Zugphasen sicher zu erkennen und Anzeigetexte oder Ansagen auszulösen (Bild: Funkwerk).

Die Sensoren können in vorhandene Anzeigesysteme am Bahnsteig eingebaut werden, um z. B. verschiedene Zugphasen sicher zu erkennen und Anzeigetexte oder Ansagen auszulösen (Bild: Funkwerk).

Die rasante Entwicklung neuronaler Netze in Verbindung mit dafür spezialisierter Hardware erlaubt die direkte Anwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) auf SBCs (Single-Board-Computer). Dadurch lassen sich die Daten der Sensoren mithilfe trainierter, neuronaler Netze direkt verarbeiten. Das ermöglicht eine autarke Arbeitsweise der Sensoren.

Im Fall des Funkwerk Sensormoduls wertet der integrierte Single-Board-Computer die erfassten Daten »on-the-edge« mittels künstlicher Intelligenz aus und löst bereits vordefinierte Aktionen im Gerät selbst aus. Gleichzeitig kann das Modul die Daten zur weiteren Verarbeitung über eine softwarebasierte Schnittstelle unter Nutzung von Standardprotokollen an übergeordnete Systeme weiterleiten. Durch die offene Architektur können weitere Funktionalitäten jederzeit integriert werden.

Einer der Vorteile dieser Vorgehensweise liegt im reduzierten Datenvolumen – es müssen nur die Ergebnisse der Sensorik transferiert werden, es braucht keinen zentralen Rechner. Darüber hinaus werden keine Bilder oder Videos übertragen, so dass der Datenschutz durch den Einsatz des Funkwerk Sensormoduls umfassend gewährleistet werden kann.

Systemübersicht

Die Hardware des Sensormoduls ist ein »JetsonNano« mit integrierter Sensorik und diversen externen Interfaces wie Ethernet inklusive PoE, Glasfaser oder verschiedener Funkmodems. Das Funkwerk Sensormodul ist ein modulares System mit einer Schichten-Architektur (Bild 2). Alle Softwarekomponenten nutzen einen lokalen MQTT-Broker als Interface für die gegenseitige Kommunikation. Jede Komponente kann sowohl Nachrichten senden (Publishing) als auch abonnieren (Subscription).

Blick in ein Gehäuse mit Sensormoduls als Standalone-Lösung Bild:: Funkwerk).

Blick in ein Gehäuse mit Sensormoduls als Standalone-Lösung (Bild: Funkwerk).

Die Verarbeitung der physikalischen Sensorwerte erfolgt auf der Sensor-Layer-Ebene. Ein wesentliches Leistungsmerkmal ist hier die Objektdetektion mithilfe eines trainierten neuronalen Netzes. Eine GPU dient dabei der effizienten, parallelen Verarbeitung der Daten. Das Resultat ist eine Liste klassifizierter Objekte (zum Beispiel Personen, Züge, Fahrräder), die durch ihre Position und Größe bestimmt werden. Weitere Komponenten des Sensor-Layers sind

  • die Frequenzanalyse akustischer Daten
  • Temperaturmessung
  • Beschleunigungsmessung
  • Feuchtigkeitsbestimmung

In einer nächsten Ebene – dem Data-Preparation-Layer – sind allgemein nutzbare Statistik-Funktionen vorhanden. Damit können die Anwendungen des Application-Layers eine Vielzahl unterschiedlicher MQTT-Nachrichten als Quelle nutzen. Diese Kombination und die Fähigkeit, aus historischen Daten zu »lernen«, ist Basis der Anwendungen.

In der IoT-Welt sind die Vernetzung und Weiterverarbeitung in einer Cloud ein Muss. Das erfolgt hier über ein Weiterreichen ausgewählter Nachrichten/Ergebnisse an externe Systeme durch eine MQTT-Bridge mit Authentifizierung und TLS-Transportsicherung.

Anwendungen

Das primäre Anwendungsgebiet des Sensormoduls sind die Verkehrsinfrastruktur und der öffentliche Personenverkehr. Die folgenden Ausführungen stellen lediglich eine Auswahl möglicher Einsatzszenarien dar.

Standby-Erkennung

Wird über einen bestimmten Zeitraum keine Person detektiert, kann ein System in den Standby-Modus versetzt werden. Bei Anzeigern wird dann das Backlight des jeweiligen Panels abgeschaltet bzw. die Lichtstärke der LED reduziert. Die Detektion bleibt jedoch aktiv und wird sofort beim Erkennen einer Person oder eines einfahrenden Zuges den Ruhezustand beenden.

Spezielle Eigenschaften sind die Manipulationserkennung. Wird der optische Sensor abgedeckt oder zum Beispiel mit Farbe besprüht, erfolgt keine Standby-Schaltung. Und ebenso werden Bilder/Plakate mit Personendarstellungen vom Detektor erkannt und ignoriert.

Die Standby-Funktion kann von anderen Systemen durch Abonnieren von MQTT-Nachrichten zum Beispiel zur Beleuchtungsregelung von Bahnsteigen genutzt werden. Je nach Bahnhofsgröße können so zwischen 30 und 60 % der Energiekosten eingespart werden.

Personen- und Objektzählung

Alle im Bereich des Sensors vorhandenen Personen werden statistisch erfasst und stehen für Verkehrsanalysen zur Verfügung. Darüber hinaus werden aber auch Fahrräder oder Gepäckstücke registriert.

Zugphasenbestimmung

Eine anspruchsvolle Anwendung ist das Bestimmen von Ein- und Durchfahrten von Zügen an bestimmten Gleisen. Dafür werden immer zwei um 180 Grad versetzte Sensor Module parallel zum Gleis montiert oder direkt in vorhandene Anzeigesysteme eingebaut. Über einen ML-Algorithmus erfolgt nach wenigen Zugfahrten die automatische Zuordnung des Gleises zum Sensorstandort, weil oft mehrere Gleise gleichzeitig vom Sensor erfasst werden. Nach dieser Kalibrierungsphase werden die Ereignisse

  • Zug fährt ein (Approach)
  • Zug hält (Arrival)
  • Zug fährt ab (Departure)

bereitgestellt und können über den MQTT-Broker abonniert werden. Dabei werden die Topologie der Gleise (zum Beispiel Kurve), die verschiedenen Haltepositionen der Züge, die unterschiedlichen Zuggattungen und einzelfahrende Triebfahrzeuge beachtet. Die Meldungen der verschiedenen Zugphasen können dann an die Fahrgastinformation bzw. das Leitstellenmanagement zur Verarbeitung weitergeleitet werden. Dadurch entfallen zusätzliche und kostenintensive Sensoren, die einzeln am Bahnsteig installiert werden müssten.

Aufgrund der hohen Detektionsredundanz, aus der die Zugphasenbestimmung abgeleitet wird, ist das System sehr robust gegenüber Störungen. In Verbindung mit optischen Sensoren im Infrarotbereich ist ein Allwetterbetrieb 24/7 gegeben. Die Zugphasenbestimmung über das Sensormodul erfordert keinen Eingriff in die sicherheitskritische Infrastruktur und ist unabhängig von Positionsmeldungen der Triebfahrzeuge (zum Beispiel GPS).

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