Zuverlässige und genaue Positionsbestimmung

Artikel vom 6. Oktober 2022
Engineering ÖPNV und SPNV

Die Bahn ist ein ideales Verkehrsmittel, um Menschen oder Waren
klimaschonend von A nach B zu bringen. Doch dämpfen mangelnde Kapazitäten, häufige Verspätungen und teils unvorteilhafte Taktung die Begeisterung vieler Reisender und Logistiker. Könnten innerhalb eines engeren Zeitraums mehr Züge auf demselben Gleis fahren, ließen sich viele dieser Engpässe vermeiden. Experten von ITK Engineering und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben jetzt eine neuartige Sensorlösung namens »MAROS« entwickelt, die mittels magnetischen Fingerabdrucks die Position von Zügen genau ermittelt. Das könnte die Kapazität des bestehenden Schienennetzes enorm steigern.

Mithilfe eines Sensors können Experten von ITK Engineering und des KIT die genaue Position eines Zuges bestimmen und so den Schienenverkehr effizienter machen (Bild: ITK Engineering).

Klimafreundlicher zu werden ist auch für den Mobilitätssektor das Ziel schlechthin. Entscheidend dafür: der Schienenverkehr. So verursacht ein Zug gegenüber dem Pkw nur ein Drittel der Treibhausgasemissionen pro Personenkilometer, im Vergleich zum Flugzeug sogar nur knapp ein Sechstel. ITK Engineering und das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun eine innovative Sensorlösung entwickelt, damit künftig die Kapazität des vorhandenen Schienennetzes deutlich erhöht wird, womit noch mehr Züge unterwegs sein können und der Personal- und Güterverkehr auf der Schiene noch effizienter wird. Der Name: Magnetic Railway Onboard Sensor (MAROS). »Wir wollen dazu beitragen, den Zugverkehr noch effizienter zu machen und den CO2-Fußabdruck von Fahrgästen und transportierten Waren weiter zu reduzieren«, sagt Dr. Tobias Hofbaur, Programmmanager Bahntechnik bei ITK Engineering. »Ein flächendeckender Einsatz verspricht eine um 35 Prozent bessere Auslastung von Schienennetzen«.

Sensor erkennt Fingerabdruck von jedem Gleisabschnitt

Die Funktionsweise von »MAROS« ist simpel: Auch ein Bahngleis aus Metall hat eine Art Fingerabdruck, der an jeder Stelle ein ganz individuelles Profil aufweist. Der Sensor kann diesen Fingerabdruck genau erkennen. »Mit MAROS werden sich Züge weltweit gleisgenau und kontinuierlich lokalisieren lassen«, sagt Hofbaur. »Dazu erzeugt der Sensor, befestigt an der Fahrzeugunterseite, ein elektromagnetisches Feld, das von den ferromagnetischen Stoffen wie den Schienen oder dem Befestigungsmaterial der Schienen beeinflusst wird«, erklärt Dr. Martin Lauer vom Institut für Mess- und Regelungstechnik des KIT. „Der Sensor misst, wie stark das elektromagnetische Feld verändert wird. So lässt sich jedem Streckenabschnitt ein exakter elektromagnetischer Fingerabdruck zuteilen.“

Tobias Hofbaur (links) und Martin Lauer (rechts) testen den Sensor »MAROS« auf dem Prüfstand. (Bild: ITK Engineering)

Algorithmen ermöglichen kontinuierliche und zuverlässige Lokalisierung von Zügen

Um diese individuelle Ortssignatur nun einer exakten geographischen Position zuordnen zu können, braucht es ein Software-Backend inklusive intelligenter Algorithmen. So muss jede Bahnstrecke mindestens einmal abgefahren und vermessen werden, ehe diese Daten dann mit Kartenmaterial der Zugstrecke übereinandergelegt werden können. Erst dann kann jeder folgende Zug für den Bahnbetreiber präzise lokalisiert werden oder seine Messdaten für weitere Analysen des  Infrastrukturbetreibers an das Backend senden.

Kostengünstiger, präziser und zuverlässiger als alternative Lösungen

Defizite heutiger weltweit eingesetzter Lösungen, um die Position von Zügen zu bestimmen, umgeht der »MAROS«: Im Gleis verbaute Informationsträger (Balisen) sind zuverlässig, aber teuer. Kamerasysteme haben den Nachteil, dass sie bei Nacht oder Schneefall nur eingeschränkt funktionieren. GPS-Signale stoßen in Tunnels, Gebirgstälern oder Häuserschluchten an ihre Grenzen. Außerdem lässt sich durch sie nicht sicher erkennen, welches von mehreren nebeneinanderliegenden Gleisen befahren wird. Wetter oder Einschränkungen der Signalstärke wie bei GPS spielen keine Rolle. Da keine mechanischen Teile verbaut sind, bleibt die Lösung auch wartungsarm.

Auf dem Markt verfügbar soll der Sensor bis Anfang 2025 sein. Dann könnte er nicht nur für die Lokalisierung genutzt werden, sondern auch für weitere Anwendungsfälle wie exakte, schlupffreie Geschwindigkeitsmessung, Smart Maintenance oder auch für das Automatisierte Fahren von Zügen.

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