»Entwicklung des Elektroantriebs beobachten wir mit Sorge«

Artikel vom 2. Oktober 2024
Verkehrsplanung

Bus-Versicherer Thomas Dittmeier berichtet über Herausforderungen der Branche und deren Risiken.

Setzte Ortungssoftware und eine Detektei ein, um Busdiebstähle aufzuklären: Versicherungsmakler Thomas Dittmeier (Bild: Dittmeier).

Setzte Ortungssoftware und eine Detektei ein, um Busdiebstähle aufzuklären: Versicherungsmakler Thomas Dittmeier (Bild: Dittmeier).

Mit 60 Mitarbeitern hat die Dittmeier GmbH im April 2024 rund 1.400 Verkehrsbetriebe versichert, davon mehr als 1.000 Busunternehmen mit 15.300 Bussen. Das entspricht bei den Privaten einem Marktanteil von 30 Prozent. Insgesamt haben die Würzburger mehr als 33.000 Fahrzeuge im Bestand, darunter viele Lkw, Kleinbusse, Taxis und Mietwagen mit einem Volumen von 80 Millionen Euro. Insgesamt wurden 2023 rund 13.000 Schäden bearbeitet.

Thomas Dittmeier gründete das Unternehmen 1989. Seit 1992 ist es ein Spezialmakler für Verkehrsbetriebe (Bus, Lkw, Taxi/Mietwagen). Im Leitbild der Firma heißt es, dass mit den versicherten Fahrzeugen vor allem jedes einzelne Menschenleben geschützt und bewahrt werden soll. Nach der Realschule 1986 hat der heute 54-Jährige eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann gemacht und danach zwei Jahre als Angestellter gearbeitet.

»Da mich das gelangweilt hat, habe ich in Vollzeit das Abitur nachgeholt, um Jura zu studieren«, erzählt Dittmeier. Schon Ende 1989 meldet er ein Gewerbe zur Versicherungsvermittlung an, um seinen Unterhalt zu finanzieren, das er 1992 in eine GmbH umwandelt. Und weil er sich schon als Zwölfjähriger für Umwelt- und Vogelschutz engagiert hatte, waren ihm Busse als ökologische Alternative zum Individualverkehr sympathisch. Als Kaufmann kam hinzu, dass die teuren Fahrzeuge mit ihren hohen Schadensrisiken auch unternehmerisch attraktiv waren.

Schließlich wollte der ehrgeizige Mainfranke den damals verkrusteten Versicherungsmarkt mit besseren und günstigeren Konditionen aufmischen. Schon bald ist er so erfolgreich, dass er nach dem Abitur keine Zeit mehr zum Studieren hat. In der Anfangszeit akquiriert er Kunden noch via Münzfernsprecher vor dem Schulhof in den Pausen. Als 1992 die ersten Handys auf den Markt kommen, gehört der Jungunternehmer zu deren ersten Käufern. »1995 hatte ich bereits 300 Busse, Lkw und Taxis versichert und holte mit einem Jugendfreund meinen ersten Mitarbeiter in die Agentur«, sagt der Versicherungsmakler.

Aktuell wächst sein Team jährlich um gut fünf Mitarbeiter, 2000 versicherte Fahrzeuge und rund 100 Kunden, von denen die meisten mit mehr als zehn Einheiten kommen. Derzeit umfasst das Maklerbüro, das mit allen renommierten Flotten-Versicherern wie HDI, Provinzial, R+V, Kravag, HDNA, Allianz, Ergo, Mannheimer oder Signal-Iduna kooperiert, 60 Mitarbeiter, die gut 1400 Verkehrsbetriebe mit rund 30.000 Fahrzeugen betreuen.

Entwicklung passgenauer Versicherungsprodukte

Den Erfolg macht ein ganzes Bündel an Aspekten aus, allen voran die Kompetenz. Denn der Versicherungsdienstleister ist seit 30 Jahren auf die Lösung der Probleme mittelständischer Busbetriebe spezialisiert. Somit kennen dessen Mitarbeiter alle Sorgen und Nöte ihrer Versicherungsnehmer. Das treibt die Mainfranken an, die geeigneten Versicherungsprodukte zu schaffen, die den Kunden passgenau helfen. So sparen diese Zeit und Geld und sind besser abgesichert als über andere Anbieter.

Neue Kunden kommen fast ausschließlich über Empfehlung von Bestandskunden, denn kompetente Beratungsleistung und faire Konditionen sprechen sich herum. Umgekehrt will demnach keiner mehr weg, wenn er mal bei Dittmeier versichert ist. Kunden verliert der Versicherungsprofi praktisch nur durch Geschäftsaufgabe oder Übernahme. Nur sehr vereinzelt geht ein Kunde in dem schwierigen Markt auch mal durch Insolvenz verloren.

Treiber des Erfolgs ist Dittmeier selbst, der seit der Gründung das Gute besser machen will. Deshalb sei seine Agentur immer federführend in der Entwicklung neuer Produkte gewesen und meist ihrer Zeit voraus: So habe sie vor zehn Jahren zum Beispiel vehement die Videoüberwachung des Straßenverkehrs befürwortet, weil die Vermittler deren Vorteile sahen, und haben sich gegen Datenschutz-Bedenken durchgesetzt. Die Würzburger haben Kamerasysteme weiterentwickelt, die den digitalen Verkehr der Zukunft maßgeblich mitbestimmen und für weniger Unfälle sorgen werden.

Aufhorchen ließ Dittmeier in der Branche auch, weil er sich vor fünf bis zehn Jahren massiv gegen Fahrzeugdiebstähle engagierte, die teils sogar vom Betriebshof herunter erfolgten. Dittmeier: »Wir fanden technische Lösungen zur Busortung, haben diese weiterentwickelt und haben eine Detektei auf diese Busdiebstähle angesetzt.« So habe er jeden zweiten Busdiebstahl in Zusammenarbeit mit der Detektei, der Ortungssoftware und der Polizei aufklären und die Busse wieder zurückführen können.

Und als im März 2020 gerade Corona ausgebrochen war und die Kfz-Zulassungsstellen geschlossen waren, konnten die Busbetriebe ihre zwangsweise nicht mehr eingesetzten Busse nicht abmelden. Also lief zunächst die Beitragszahlung weiter, ohne dass Unfälle passieren konnten. Dittmeier war der Erste, der bei den Versicherern darauf drängte, dass unbürokratisch geholfen wird und dass Busbetriebe auch ohne amtliche Abmeldung ihre Busse stilllegen konnten. Erst weigerten sich manche Versicherer, aber nach einer Woche setzten sich die Würzburger zum Wohle ihrer Kunden durch. Der Damm war gebrochen. Alle anderen Versicherer mussten notgedrungen folgen.

Mit der Omnibusbetrieb-Komplett-Versicherung sind die wichtigsten Sach- und Haftpflichtversicherungen in einer einzigen Police zusammengefasst – diese Versicherung wird so nur von Dittmeier angeboten (Bild: Dittmeier).

Mit der Omnibusbetrieb-Komplett-Versicherung sind die wichtigsten Sach- und Haftpflichtversicherungen in einer einzigen Police zusammengefasst – diese Versicherung wird so nur von Dittmeier angeboten (Bild: Dittmeier).

Aktuell sind die größten Risiken für Unternehmen, laut Dittmeier, dass sie für den schlimmsten Fall nicht gut genug oder ausreichend versichert sind. Das könne ein Großbrand auf dem Betriebshof sein oder ein schlimmer Busunfall, bei dem das Krisenmanagement völlig misslingt und ein Reputationsschaden eintritt. Mit dem Großbrand ist gemeint, dass viele verbrannte Busse nur zum Zeitwert entschädigt werden, während es für die Neuanschaffung eine Absicherung zum Neuwert bräuchte. Kritisch sieht der Dienstleister auch den Fahrermangel, was im Einzelfall zu einer Qualitätseinbuße führe, die mehr Unfälle zur Folge hat und damit höhere Prämien.

Aber auch die Risiken der Vermittler seien nicht ohne: Weil er rechtlich ohne jeden Zweifel auf der Seite des Versicherungsnehmers, also des Busunternehmens, steht, haftet er, wenn er nicht die besten Lösungen bietet. Das ist laut Dittmeier vergleichbar mit der Haftung eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts. Versäumen diese Dienstleister Fristen oder vertreten den Mandanten nicht optimal, haften sie. Und das kann teuer bis existenzbedrohend werden für den Dienstleister.

Typische Versäumnisse in der Thematik sind demnach, dass die einzelnen Versicherungen und Risiken nicht oft genug überprüft werden und man so zu viel Geld bezahlt. Oft fehle es auch an einem richtig guten Versicherungsschutz. Darunter versteht Dittmeier die richtige Absicherung beim bereits erwähnten Betriebshofbrand, eine Krisen-Versicherung für den Notfall sowie einen vollwertigen Elementarschutz für die Gebäude und das Inventar, wenn zum Beispiel durch Starkregen der ganze Betriebshof unter Wasser steht. Das könne auch bei einem hochgelegenen Betriebssitz der Fall sein und brauche kein Gewässer in der Nähe.

Eine Konzentration im Versicherungsmarkt für Omnibusse sieht der 54-Jährige aktuell nicht. Da der Omnibus häufig als schweres Risiko eingestuft wird, würden Versicherer darauf achten, gemischte Versicherungsbestände im Portfolio zu haben. Omnibusse würden häufig wegen der Brandgefahr und wegen des Personenschadenrisikos nicht immer mit offenen Händen versichert. Daher brauche es gute Berater, die über Marktmacht und Einfluss verfügen und so dem Kunden die beste Deckung zum günstigen Preis besorgen können. »Steigende Lohn- und Ersatzteilkosten bei Unfallreparaturen werden zudem zu weiter steigenden Prämien führen«, ist sich der Fachmann sicher.

E-Busse mit höheren Versicherungsprämien

Die Entwicklung des Elektroantriebs beobachten die Versicherer auch mit Sorge: Die Elektrofahrzeuge sind häufig doppelt so teuer wie ein Dieselbus und stellen daher bei einem Brand einen erheblich größeren Schaden dar. Dies werde den Trend zu höheren Versicherungskosten fortsetzen und gleichzeitig würden die Auflagen zum Beispiel für den Bau neuer Betriebshöfe steigen. Dittmeier: »Das ist alles für unsere Kunden extrem kapitalintensiv und man muss sehen, wer diesen Weg bereit ist zu gehen und die hierfür erforderliche Bonität und Liquidität aufbringt.«

Der Versicherungsmakler kann sich vorstellen, dass Versicherungen günstiger werden, wenn die Busbetriebe erfolgreich Telematiksysteme einsetzen. Bei Dittmeier sei es das Produkt der Cloud-Kamera mit KI. Die kläre nicht nur strittige Unfälle auf, sondern dokumentiere auch jede gefährliche Situation im Straßenverkehr für das spätere Coaching, was die Schadensquote zusätzlich senke und damit letztlich die Höhe der Prämien reduziert.

Die Marktentwicklungen könnten (Versicherungs-)Produkte und deren Relevanz erheblich verändern, spekuliert Dittmeier: So werde der Elektroantrieb die Kaskoversicherung verteuern. Der Einsatz von Cloud-Kameras könne dagegen Schäden erheblich eindämmen und führe zu günstigen Versicherungen. Ein Gamechanger könnten selbstfahrende Busse werden. Dittmeier: »Denn möglicherweise passierten dann kaum noch Unfälle und man braucht überwiegend nur noch die Kaskoversicherung.«

Und die On-Demand-Verkehre, die auf dem Land im Trend liegen, würden zu mehr kleineren Fahrzeugen mit weniger Kilometerleistung führen, ist sich der Experte sicher. Das reduziere erfahrungsgemäß die Zahl und Höhe der Schäden. Denn werden weniger Kilometer gefahren, gehen die Unfälle zurück und die Versicherung wird billiger.

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