Umstieg in Richtung Zukunft

Artikel vom 21. September 2022
Verkehrsplanung

Die Mobilitätswende ist Pflicht. Insbesondere der ÖPNV hat hier bereits heute eine tragende Rolle. Wie er zum zentralen Treiber für smarte Mobilität werden kann, welche Konzepte vielversprechend sind und wie groß das Potenzial der Digitalisierung hierbei ist, erläutert Dr. Isabella Geis, Mobilitätsexpertin bei Q_PERIOR.

Mobilität ist nachhaltig erfolgreich, wenn sie über Branchengrenzen hinweg gedacht und umgesetzt wird. Aus diesem Grund bündelt Q_PERIOR für Sie Kompetenzen: Wir erarbeiten kundenspezifische Lösungen, kombinieren dafür unsere langjährige Erfahrung aus den traditionellen Branchen mit unse-rem Wissen aus der Start-up-Szene und binden alle relevanten Akteure in das notwendige Ökosystem ein (Bild: Bild: Q_PERIOR).

Mobilität ist nachhaltig erfolgreich, wenn sie über Branchengrenzen hinweg gedacht und umgesetzt wird. Aus diesem Grund bündelt Q_PERIOR für Sie Kompetenzen: Wir erarbeiten kundenspezifische Lösungen, kombinieren dafür unsere langjährige Erfahrung aus den traditionellen Branchen mit unse-rem Wissen aus der Start-up-Szene und binden alle relevanten Akteure in das notwendige Ökosystem ein (Bild: Bild: Q_PERIOR).

Der Mobilitätssektor ist in Bewegung. Auch 2022 hält in puncto smarte Mobilität einiges an Neuerungen und Veränderungen bereit: So wird weiter in den Ausbau der physischen und digitalen Infrastruktur investiert, On-Demand-Verkehre und neue Fahrzeuge kommen verstärkt zum Einsatz und im Bereich der Mobilitätsplattformen sind ebenfalls deutliche Fortschritte abzusehen.

Der Verkehrssektor und die Gesellschaft brauchen diese Veränderungen und Entwicklungen dringend. Denn nach zwei Jahren »Mobilitätspause« sind die Menschen nun wieder unterwegs. So liegt die Zahl der Berufspendler fast wieder auf dem Vor-Corona-Niveau von 2019. Auch das eigene Auto hat in Pandemiezeiten wieder stärker an Bedeutung gewonnen. Gleichzeitig sind aber weiterhin Busse und Bahnen insbesondere in den Stoßzeiten in Ballungsräumen und Städten überfüllt. In ländlichen Regionen ist das Angebot des ÖPNV oft dünn und wird deshalb wenig genutzt: Insgesamt sind Taktung, Flexibilität und Verfügbarkeit je nach Region in unterschiedlicher Dringlichkeit wichtige Herausforderungen des ÖPNV. Aber auch der digitale Zugang zum Mobilitätsangebot, also das Informieren, Buchen und Bezahlen, lässt vielerorts noch viel Raum für eine angenehmere Customer Experience. Das zeigt auch die Studie »Mobilitätswende 2030« von DB Regio Bus und der Fraunhofer Institute IESE und ILM.

Was wir also brauchen, ist ein attraktiver und leistungsfähiger ÖPNV, der aber nicht alleine steht, sondern mit unterschiedlichen Mobilitätsangeboten ergänzt und vernetzt wird. Denn so können wir die Menschen zum dauerhaften Umsteigen auf nachhaltige Mobilität bewegen. Doch wie gelingt das?

Welche Anreize muss er geben und wie kann sich multimodales Reisen zu einer echten Alternative zum Privat-Pkw entwickeln? Und wie lässt sich Mobilität bestmöglich in eine moderne Stadtplanung und -entwicklung integrieren? Antworten stecken in drei wichtigen Ansätzen, die die Mobilität allgemein, aber insbesondere auch den ÖPNV in den kommenden Jahren entscheidend prägen werden: neue Mobilitätskonzepte, neue Fahrzeuge und Mobilitätsplattformen. Denn jetzt kommt es mehr denn je darauf an, Angebote so weiterzuentwickeln, dass sie flächendeckend, zuverlässig und auch bezahlbar sind.

Ansatz 1: Flexible Mobilitätskonzepte auch im ÖPNV

Noch sind linien- und fahrplangebundene Angebote das zentrale Geschäftsmodell des ÖPNV. Doch um den Forderungen nach mehr Flexibilität, Flächendeckung und höherer Verfügbarkeit gerecht zu werden, reicht dies auf Dauer nicht mehr aus. Stattdessen gilt es, Linienbusse, Regionalzüge und S-Bahnen künftig mit On-Demand- oder Sharing-Angeboten zu verknüpfen und die gesamte Mobilitätskette idealerweise mit smarten Apps buchbar zu machen. Auf diese Weise ließe sich zum einen das Reisen in Ballungsgebieten flexibler gestalten, zum anderen ließen sich im ländlichen Raum, wo ÖPNV kaum bzw. nicht wirtschaftlich betrieben werden kann und deshalb nur ein geringes Angebot bereitstellt, Lücken schließen. So hat DB Regio Bus bereits angekündigt, sein Angebot in Zukunft mit weiteren Diensten zu kombinieren – auch denen von Wettbewerbern – für das gemeinsame Ziel, den Ausbau des ÖPNV zu beschleunigen.

Auch die Verkehrsverbünde sind längst dabei, die Modernisierung voranzutreiben. Vor allem die Großen haben hier gute Möglichkeiten und nutzen sie auch – wie in München mit dem »IsarTiger« oder im Rhein-Main-Gebiet, wo der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) mehrere On-Demand-Services anbietet, vom »HeinerLiner« in Darmstadt bis zu »EMIL« in Taunusstein.

Ansatz 2: Neue Fahrzeuge für mehr Flexibilität und Nachhaltigkeit

Flexibilität kann der ÖPNV nicht nur durch On-Demand- oder Sharing-Angebote ermöglichen, sondern auch durch effiziente Fahrzeuge und modulare Fahrzeuggrößen. Den Anfang machen derzeit kleine On-Demand-Shuttles. Denkbar sind außerdem flexible Fahrzeuge, die sich je nach Tageszeit und Auslastung verlängern oder verkürzen oder nur für bestimmte Strecken koppeln lassen. Im Schienenverkehr ist es heute schon gang und gäbe, die Zuglänge in Stoßzeiten zu vergrößern.

Auch das Design von Innenräumen bietet noch Potenzial, um in den Hauptverkehrszeiten mehr Fahrgäste unterzubringen. Dafür experimentiert zum Beispiel die Deutsche Bahn mit dem »Ideenzug« und seit dem vergangenen Jahr mit dem »IdeenzugCity« (also der S-Bahn der Zukunft). Untersucht wird, welche Maßstäbe künftig für den Bahnverkehr in Metropolregionen gelten müssen – zum Beispiel flexibel einsetzbare Sitz- und Stehplätze, die sich an die jeweilige Fahrgastauslastung in den Haupt- und Nebenverkehrszeiten anpassen lassen.

Zudem sind die Fahrzeuge ein wichtiger Hebel für den Klimaschutz. In Sachen alternative Antriebe tut sich einiges. Auch hier sind die Verkehrsunternehmen und -verbünde wichtige Treiber: So hat aktuell der Rhein-Main-Verkehrsverbund in Hessen den Zuschlag für das Teilnetz Taunus an die DB-Tochter Regionalverkehre Start Deutschland GmbH (start) vergeben, die ab Dezember 2022 drei Linien mit Wasserstoffzügen betreiben wird. Die zweitgrößte Flotte an Wasserstoffbussen hat heute bereits Hürth mit 16 CO2-neutralen Bussen auf allen Stadtlinien, auf Platz eins in Sachen Wasserstoffantrieb steht Wuppertal.

Ansatz 3: Mobilitätsplattformen für mehr Vernetzung und Customer Experience

Dreh- und Angelpunkt, um den Menschen zukünftig ein flexibles und vernetztes Reiseangebot machen zu können, sind Mobilitätsplattformen, denn sie haben den Vorteil, dass sie für ihre Stadt, Region oder sogar regionenunabhängig Mobilitätsangebote bündeln. Nutzer bekommen Routenvorschläge für ihre individuelle Reise, außerdem Informationen über etwaige Verspätungen oder Baustellen, und sie können ihre Fahrten auch direkt buchen und bezahlen –  alles idealerweise in Echtzeit.

Auch dieser Bereich ist in Bewegung. Von lokalen und regionalen bis zu deutschlandweiten Mobilitätsplattformen ist heute schon vieles in der Entwicklung und auf dem Weg in den Markt. Gute Beispiele sind etwa die App »HVV Switch«, die den Hamburger Raum abdeckt, »MVGO« für München oder »regiomove«, das außer dem Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) auch private Mobilitätsanbieter partnerschaftlich einbindet. Die Herausforderung liegt darin, die Angebote innerhalb einer Region sowie regionenübergreifend zu vernetzen. Ob am Ende die eine große Plattform steht oder ob der Markt Platz für mehrere bietet, wird sich zeigen.

Spätestens dann, wenn Reisende intermodal unterwegs sind und nicht für jedes Verkehrsmittel ein eigenes Ticket lösen wollen, wird das Thema Ticketing relevant. Genau hier leisten auch Mobilitätsplattformen ihren Beitrag, weil sie den Ticketverkauf bündeln können. Auch die nutzungsbasierte Abrechnung, also eine Mobilitätsabrechnung zum Beispiel zum Monatsende, durch integrierte Buchung und möglicherweise flexible Check-in-Be-Out-Systeme sind hier denkbar.

Die Mobilität von heute ist in Bewegung. Sie ist längst nicht mehr nur ein Thema für Auto, Bus und Bahn. Digitalisierung und technologische Innovationen haben den Weg für neue Geschäftsmodelle, Mobilitätslösungen und Anbieter frei gemacht. Deswegen gilt es heute schon, Chancen zu ergreifen und die intelligente Mobilität von morgenzu gestalten. Zitat Dr. Isabella Greis

Die im April an den Start gegangene Mobilitätsplattform »Mobility inside« zeigt erste Möglichkeiten für multimodales Informieren, Buchen und Bezahlen.

Um für all diese Anwendungen die nötige Datengrundlage zu schaffen, hat die deutsche Bundesregierung im Oktober 2021 den »Mobility Data Space« an den Start gebracht mit dem Ziel, alle Akteure im Mobilitätssektor zusammenzubringen und den Austausch von Daten zu fördern. Diesen Datenraum nutzen mittlerweile bereits eine ganze Reihe von Teilnehmern, darunter auch Automobilkonzerne und Bundesländer.

In all diesen Bereichen ist jedoch noch viel zu tun, aber das Potenzial ist groß.

Smarte Städte und betriebliches Mobilitätsmanagement

Ein zukunftsrelevantes Thema ist außerdem Smart City, zu deren Kernelementen die smarte Mobilität gehört. Unterschiedliche Städte machen schon heute vor, wie smarte Mobilität und Smart City zusammenhängen, beispielsweise die Stadt Darmstadt, die eine teleoperierte Straßenbahn erprobt hat, Amsterdam mit einem selbstregulierenden Stadtverkehr auf der Basis von Sensoren und Kameras oder auch Santander mit dem Ziel eines multimodalen Mobilitätsleitsystems.

Im Bereich der Stadtplanung und -gestaltung beobachten wir bereits viele Innovationen. Wichtig hierbei ist, in Regionen zu denken und nicht nur in Städten. Quartiersplanung oder das Bild einer 15-Minuten-Stadt verändern die grundsätzliche Notwendigkeit von Mobilität. Eine Stadt mitten in Europa krempelt ihr Stadtbild derzeit völlig um: Bis 2026 möchte Paris 100 % Fahrradstadt werden. Hierfür werden Flächen umgewidmet und 250 Millionen Euro in Radinfrastruktur gesteckt, ÖPNV und Radverkehr sollen außerdem in Zukunft in der Ampelschaltung priorisiert werden. So geht smarte Mobilität in einer smarten Stadt.

Mobilitätswende ist aber nicht nur Sache von Verkehrsunternehmen, Städten und Politik. Jedes einzelne Unternehmen ist selbst Stellhebel und kann einen Beitrag leisten. Betriebliches Mobilitätsmanagement ist ein wirkungsvoller Baustein für mehr Nachhaltigkeit in der Mobilität und eben auch im Unternehmen: Statt auf Firmenwagen oder die Anreise mit dem eigenen Pkw zu setzen, können Unternehmen in ihrer Rolle als Arbeitgeber Mobilitätsmanagement in die Hand nehmen, zum Beispiel durch das Angebot eines Mobilitätsbudgets, Förderung von Radmobilität durch Jobbike-Angebote, die Elektrifizierung von Fuhrparks oder Sharing-Angebote für unterschiedliche Fahrzeuge. So gestalten Unternehmen die Mobilitätswende mit, leisten einen wichtigen Beitrag für mehr Nachhaltigkeit und positionieren sich gleichzeitig als innovativer und attraktiver Arbeitgeber.

Was heißt das also nun für die Mobilität der Zukunft? ÖPNV ist das Herzstück der Mobilitätswende. Dennoch gelingt die Transformation nur, wenn wir auf flexible und innovative Mobilitätsangebote, neue Fahrzeuge und mehr Digitalisierung setzen. Smart City und insbesondere auch Smart Regions sowie Unternehmen mit ihren Möglichkeiten der betrieblichen Mobilität sind dabei enorm wichtige, vernetzende und beschleunigende Elemente.

Sie schaffen Synergien zu anderen Sektoren und Herausforderungen unserer Zeit. So gelingt smarte Mobilität und hoffentlich auch eine nachhaltige Zukunft.

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