Gleispflege im innerstädtischen Bereich

Artikel vom 29. September 2021
Gleisbau

Rillenschienen stellen konstruktionsbedingt bei der Reprofilierung eine besondere Herausforderung dar. Um ihre Liege- bzw. Nutzungsdauer nachhaltig zu verlängern, ist eine präventiv ausgerichtete Instandhaltungsstrategie die wirtschaftlichste Lösung.

Abb. 1: Das größte Plus des HSG-city ist die hohe Arbeitsgeschwindigkeit, die ein Einsatz im laufenden Betrieb ermöglicht (Bild: Vossloh).

Abb. 1: Das größte Plus des HSG-city ist die hohe Arbeitsgeschwindigkeit, die ein Einsatz im laufenden Betrieb ermöglicht (Bild: Vossloh).

Durch die zunehmende Urbanisierung gibt es rund um den Globus einen rasanten, fast exponentiellen Anstieg des Fahrgastaufkommens im öffentlichen Personennahverkehr. Ein Trend, der Netzbetreiber in vielerlei Hinsicht vor große Herausforderungen stellt: Um die zunehmenden Passagierzahlen auffangen zu können, werden die Taktungen verkürzt und die Fahrpläne zeitlich ausgedehnt. Hinzu kommen neue Fahrzeuge, welche dank ihrer kraftvollen Traktion und leistungsfähigen Bremsen eine zusätzliche Belastung für die Schiene darstellen. Um die Akzeptanz des öffentlichen Nahverkehrsangebots weiter zu erhöhen, muss zugleich das Streckennetz leistungsfähiger und gegebenenfalls ausgebaut und modernisiert werden. Zwangsläufig erhöhen sich damit sowohl der Umfang der Betreuungsnotwendigkeit für die Infrastruktur als auch die Häufigkeit der hierfür notwendigen Maßnahmen. Parallel ist zu beobachten, dass sich die Zeitfenster für Inspektions- und Instandhaltungsmaßnahmen verkürzen, was die Komplexität der Instandhaltungsplanung zusätzlich erhöht. Unter Berücksichtigung der gegebenen Haushaltsvorgaben ist eine präventiv ausgerichtete Instandhaltungsstrategie der Schlüssel. Dies bedeutet, weg vom Reagieren auf Störungen hin zu einer Instandhaltung, deren Maßnahmen Schienenfehler behebt, bevor sie Störungen verursachen.

Vosslohs Antwort ist ein Serviceportfolio, das Anlagenverantwortliche nicht nur zu präventivem Handeln befähigt. Vielmehr unterstützt das Bahntechnikunternehmen seine Kunden in ihrem Bestreben, ihre Maßnahmenplanung sukzessive effizienter und zielgerichteter – weil zustandsorientiert – zu gestalten.

Nun stellen Rillenschienen konstruktionsbedingt bei der Schienenbearbeitung eine besondere Herausforderung dar. Um ihre Liege- bzw. Nutzungsdauer nachhaltig zu verlängern, erfordern negativ veränderte Längs- und Querprofile eine Reprofilierung. Da Schienenoberflächenfehler, wie Riffel oder Schlupfwellen bekanntermaßen zu einer erhöhten Lärmbelästigung führen, ist ihre nachhaltige Begrenzung eines der wesentlichen Aufgaben von Betreibern innerstädtischer Schienennetze.

Effiziente Riffeleindämmung

Der »HSG-city« ist die adäquate Lösung für eine präventive Riffelvorbeugung. Verfahrensbedingt maximiert die High Speed Grinding-Technologie mit ihrem geringen Abtrag die Schienenliegedauer und die verbesserte Schienenoberfläche schont sowohl Schienenfahrzeuge als auch den Oberbau. Darüber hinaus lässt sich der »HSG-city« optimal in den laufenden Betrieb einbinden (Abb. 1), wodurch sich der Planungsaufwand für die präventive Schieneninstandhaltung erheblich vereinfacht und die knapp bemessenen Sperrpausen für andere Instandhaltungsmaßnahmen genutzt werden können. Durch entsprechende Zustellung der Schleifaggregate können mit der kompakten Schleifmaschine leichte Profilkorrekturen über kurze Streckenabschnitte ausgeführt werden. In diesem Fall erfolgt der wesentliche Kontakt zwischen Schleifstein und Schiene am Radius der oberen Fahrkante. Bei einer fortgeschrittenen Riffelbildung in diesem Bereich oder wenn sich der Radius infolge eines Kopfhöhenverschleißes an der Kopfeckabrundung hin zur Fahrflanke leicht verringert, erzielt der »HSG-city« im frühen Stadium der Fehlerentwicklung eine gute Balligkeit auf dem Schienenkopf. Somit ist die frühzeitige Profilkorrektur Teil der präventiven Instandhaltungsphilosophie, um grundlegende korrektive Maßnahmen zeitlich zu verschieben.

Nun weist jedes Netz besondere Abschnitte auf, die aufgrund ihrer Streckengeometrie, der Infrastruktur oder besonders starken Nutzung zu einem erhöhten Riffelwachstum neigen. An diesen sogenannten Hotspots sind entweder höhere Abträge oder sogar korrektive Maßnahmen erforderlich.

Abb. 2: Schematische Darstellung möglicher Querprofilveränderungen (Quelle: Technische Regeln für die Spurführung von Schienenbahnen nach der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab), Ausgabe: Mai 2006, Seite 19 (Bild: Vossloh).

Abb. 2: Schematische Darstellung möglicher Querprofilveränderungen (Quelle: Technische Regeln für die Spurführung von Schienenbahnen nach der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab), Ausgabe:Mai 2006, Seite 19 (Bild: Vossloh).

Neben einer fortgeschrittenen Riffelbildung – sowohl auf der Fahrfläche als auch an der Fahrkante – sind vor allem Spurerweiterungen durch eine fortschreitende Abnutzung der Kopfeckabrundung sowie Fahrflanke sowie Gratbildungen durch plastische Verformung infolge von Verschleiß und Materialverdrücken an der Rillenkopfabrundung, wenn der Rillenboden von Rillenschienen befahren wird, typische Querprofilveränderungen (Abb. 2).

Vollumfängliche Reprofilierung von Rillenschienen

Da stets die vollständige Querprofilabdeckung zu beachten ist, stoßen jedoch sämtliche Verfahren bei Rillenschienen an ihre Grenzen. So wird schleiftechnisch der tiefste zu berücksichtigende Punkt an der Fahrkante bei Z-14 nur schwer bis gar nicht erreicht. Bei unzureichender Zustellung der Schleifkörper oder infolge einer nur begrenzt einsetzbaren Anzahl an Schleifkörpern kann das Resultat schon mal zu einem nahezu eckigen Querprofil führen.

Aufgrund des nahezu bündigen Fugenvergusses entlang der Außenseite von Rillenschienen ist auch eine korrektive Bearbeitung mit herkömmlichen Fräswerkzeugen nicht möglich; eine Fehlervergrößerung bis hin zum Schienenwechsel wäre die vermutlich unvermeidbare Folge.

Um sowohl eine frästechnisch exakte Reprofilierung nahe dem Neuzustand zu gewährleisten als auch eine aufwändige Entfernung der Fugenmasse mit anschließendem Neuverguss auszuschließen, entwickelte Vossloh für seinen Zweiwege-Frästruck ein speziell für die spezifischen Anforderungen von Rillenschienen ausgelegtes Fräswerkzeug. Charakteristisch für die Sonderprofil-Konstruktion ist, dass es nicht ab der Schienenkopfmitte nach außen abfällt, sondern der Schneidwinkel ab Y +0° positiv ausläuft. Unter Berücksichtigung der Spurkranztiefe der Kundenfahrzeuge wurde der Auslauf an der Innenfahrkante von standardmäßig Z-14 auf Z-22 mm verlängert.

Abb. 3: Um eine frästechnische Bearbeitung von Rillenschienen trotz bündigem Fugenverguss entlang der Außenseite zu ermöglichen, entwickelte Vossloh ein speziell für diesen Anwendungszweck zugeschnittenes Fräswerkzeug (Bild: Vossloh).

Abb. 3: Um eine frästechnische Bearbeitung von Rillenschienen trotz bündigem Fugenverguss entlang der Außenseite zu ermöglichen, entwickelte Vossloh ein speziell für diesen Anwendungszweck zugeschnittenes Fräswerkzeug (Bild: Vossloh).

Zusätzlich wurde der Spurkranz des Fräsrades mit Schneidplättchen bestückt, wodurch eine Fehlerbeseitigung mit einer tiefergehenden Radiusbearbeitung in einer Überfahrt ohne größeren Aufwand kombiniert wird (Abb. 3). Diese Ausgestaltung bewirkt, dass bei größeren Abträgen im selben Arbeitsgang der Rillenboden im Toleranzbereich vertieft wird, um ein Aufsetzen der Radkränze der Straßenbahnfahrzeuge zu vermeiden bzw. auf zeit- und kostenintensive Auftragsschweißungen verzichten zu können. Durch den Unterschnitt von >1 mm wird ein »Freilaufen« der Straßenbahnräder immer gewährleistet und mit dem hinterlegten Schneidbereich der Werkzeuge nur so viel Material wie notwendig von der Schiene entfernt.

Abb. 4: Ein in zwei Überfahrten rundum erneutes, riffelfreies Längsprofil (Bild: Vossloh).

Abb. 4: Ein in zwei Überfahrten rundum erneutes, riffelfreies Längsprofil (Bild: Vossloh).

Damit lässt das neue Fräswerkzeug erstmalig eine vollumfängliche Bearbeitung von Rillenschienen inklusive des Rillenbodens in Richtung Fahrkante zu (Abb. 4).

Wirtschaftliches Gesamtpaket

In der Ausführung überzeugen sowohl die einheitliche und saubere Bearbeitungsqualität als auch der sehr leise Arbeitsprozess. Darüber hinaus steht der Zweiwege-Frästruck, wie schon der »HSG-city«, für maximale Flexibilität und vereinfachte Instandhaltungsplanung. Aufgrund der überall vorhandenen asphaltierten Flächen stellt er für eine effiziente Nutzung der Sperrpausen die Einsatzbereitschaft zu Schichtbeginn direkt am Einsatzort sicher. In wenigen Minuten ein- und ausgegleist, können je nach Anzahl der notwendigen Überfahrten sowie Länge der Betriebsruhe in einer Schicht mehrere Hotspots per Straße angefahren und bearbeitet werden.

Neben flexiblen Handlungsspielräumen bietet Vossloh den Betreibern städtischer Schienennetze ein stimmiges Gesamtpaket zur lärmreduzierenden Schieneninstandhaltung. Mit dem Nahverkehrsportfolio lässt sich zudem der präventive Anteil gegenüber korrektiven Maßnahmen positiv verschieben und Budgets somit effizienter einsetzen.

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